Antragstellung
Um Leistungen der Pflegeversicherung in Anspruch nehmen zu können, muss ein Antrag bei der Pflegekasse gestellt werden; dies kann auch telefonisch erfolgen. Die Pflegekasse befindet sich bei der Krankenkasse. Den Antrag können auch Familienangehörige, Nachbarinnen und Nachbarn oder gute Bekannte stellen, wenn sie dazu bevollmächtigt werden. Sobald der Antrag bei der Pflegekasse gestellt wird, beauftragt diese den Medizinischen Dienst oder andere unabhängige Gutachterinnen oder Gutachter mit der Begutachtung zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit.
Privat Versicherte stellen einen Antrag bei ihrem privaten Versicherungsunternehmen. Die Begutachtung erfolgt dort durch Gutachterinnen oder Gutachter des medizinischen Dienstes der privaten Pflege-Pflichtversicherung Medicproof.
Für alle Medizinischen Dienste ist das Verfahren der Begutachtung in den bundesweit einheitlich geltenden Richtlinien des Medizinischen Dienstes Bund (MD Bund) zur Begutachtung von Pflegebedürftigkeit nach dem SGB XI (Begutachtungs-Richtlinien) verbindlich geregelt. Ferner gelten die Richtlinien zur Dienstleistungsorientierung im Begutachtungsverfahren verbindlich. Sie regeln insbesondere die allgemeinen Verhaltensgrundsätze für die Gutachterinnen und Gutachter bei der Durchführung der Begutachtung, die individuelle und umfassende Information der Versicherten über das Begutachtungsinstrument (auch in den Sprachen Englisch, Französisch, Griechisch, Italienisch, Kroatisch, Polnisch, Russisch, Türkisch), eine Versichertenbefragung sowie das Beschwerdemanagement.
- Setzen Sie sich mit Ihrer Kranken- beziehungsweise Pflegekasse oder einem Pflegestützpunkt in Ihrer Nähe in Verbindung. Selbstverständlich können das auch Familienangehörige, Nachbarinnen und Nachbarn oder gute Bekannte für Sie übernehmen, wenn Sie sie dazu bevollmächtigen.
- Die Landesverbände der Pflegekassen veröffentlichen im Internet Vergleichslisten der Leistungen und Preise der zugelassenen Pflegeeinrichtungen sowie der nach Landesrecht anerkannten Angebote zur Unterstützung im Alltag. Sie können diese Liste bei der Pflegekasse auch anfordern, wenn Sie einen Antrag auf Leistungen stellen.
- Sie haben darüber hinaus einen Anspruch auf frühzeitige und umfassende Beratung durch die Pflegeberaterinnen und Pflegeberater Ihrer Pflegekasse. Der Anspruch gilt auch für Angehörige und weitere Personen, zum Beispiel ehrenamtliche Pflegepersonen, sofern Sie zustimmen. Die Pflegekasse bietet Ihnen unmittelbar nach Stellung eines Antrags auf Leistungen oder wenn Sie sich mit dem Bedarf einer Begutachtung zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit an die Pflegekasse wenden, einen konkreten Termin für eine Pflegeberatung an, die innerhalb von zwei Wochen nach Antragstellung durchzuführen ist. Die Pflegekasse benennt Ihnen außerdem eine Pflegeberaterin beziehungsweise einen Pflegeberater, die oder der persönlich für Sie zuständig ist. Möglich ist auch, dass Ihnen die Pflegekasse einen Beratungsgutschein ausstellt, in dem unabhängige und neutrale Beratungsstellen benannt sind, bei denen er zulasten der Pflegekasse ebenfalls innerhalb der Zweiwochenfrist eingelöst werden kann.
- Sobald Sie Leistungen der Pflegeversicherung beantragt haben, beauftragt Ihre Pflegekasse den Medizinischen Dienst oder andere unabhängige Gutachterinnen oder Gutachter mit der Begutachtung zur Feststellung Ihrer Pflegebedürftigkeit.
- Bitten Sie Ihre Pflegeperson, bei der Begutachtung anwesend zu sein.
- Versuchen Sie einzuschätzen, ob die Pflege zu Hause längerfristig durch Angehörige durchgeführt werden kann und ob Sie ergänzend oder ausschließlich auf die Hilfe eines ambulanten Pflegedienstes zurückgreifen wollen.
- Ist die Pflege zu Hause – gegebenenfalls auch unter Inanspruchnahme des Pflege- und Betreuungsangebots einer örtlichen Tages- oder Nachtpflegeeinrichtung – nicht möglich, so können Sie sich über geeignete vollstationäre Pflegeeinrichtungen informieren und beraten lassen.
Bei allen Fragen stehen Ihnen die Pflegeberaterinnen und Pflegeberater Ihrer Pflegekasse sowie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Pflegestützpunkte vor Ort zur Verfügung. Informationen erhalten Sie auch über das Bürgertelefon vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) unter der Rufnummer 030 3406066-02.
Gehörlose und Hörgeschädigte erreichen den Beratungsservice des BMG per Videotelefonie unter www.gebaerdentelefon.de/bmg und per E-Mail an: info.gehoerlos(at)bmg.bund.de. - Privat Versicherte können sich jederzeit an das Versicherungsunternehmen wenden, bei dem sie versichert sind, oder an den Verband der Privaten Krankenversicherung e. V., Gustav-Heinemann-Ufer 74 c, 50968 Köln, www.pkv.de.
Die „COMPASS Private Pflegeberatung“ erreichen Sie telefonisch unter der Rufnummer 0800 1018800 (kostenfrei).
Entscheidung über den Antrag
Die gesetzlich vorgegebene Bearbeitungsfrist für Anträge zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit beträgt 25 Arbeitstage. Eine verkürzte Begutachtungsfrist von einer Woche gilt in folgenden Fällen:
- bei einem Aufenthalt im Krankenhaus oder in einer stationären Rehabilitationseinrichtung, wenn dies zur Sicherstellung der weiteren Versorgung erforderlich ist;
- bei einem Aufenthalt im Krankenhaus oder in einer stationären Rehabilitationseinrichtung, wenn die pflegende Person mit ihrem Arbeitgeber vereinbart hat, eine Freistellung nach dem Pflegezeitgesetz (PflegeZG) oder nach dem Familienpflegezeitgesetz (FPfZG) in Anspruch zu nehmen, oder wenn sie eine Freistellung nach dem Pflegezeitgesetz (PflegeZG) gegenüber dem Arbeitgeber angekündigt hat;
- wenn sich die antragstellende Person in einem Hospiz befindet oder ambulant palliativ versorgt wird.
Befindet sich die antragstellende Person in häuslicher Umgebung, ohne palliativ versorgt zu werden, und hat die pflegende Person mit ihrem Arbeitgeber vereinbart, eine Freistellung nach dem Pflegezeitgesetz oder nach dem Familienpflegezeitgesetz in Anspruch zu nehmen, oder hat sie eine Freistellung nach dem Pflegezeitgesetz gegenüber dem Arbeitgeber angekündigt, ist eine Begutachtung innerhalb von zwei Wochen nach Antragseingang durchzuführen.
Die abschließende Begutachtung ist unverzüglich nachzuholen. Sofern die antragstellende Person unmittelbar im Anschluss an einen Aufenthalt im Krankenhaus oder in einer stationären Rehabilitationseinrichtung Kurzzeitpflege in Anspruch nimmt, hat die abschließende Begutachtung des Medizinischen Dienstes innerhalb von zehn Arbeitstagen nach Beginn der Kurzzeitpflege in dieser Einrichtung zu erfolgen.
Erteilt die Pflegekasse den schriftlichen Bescheid über den Antrag nicht innerhalb von 25 Arbeitstagen nach Eingang des Antrags oder werden die verkürzten Begutachtungsfristen nicht eingehalten, hat die Pflegekasse nach Fristablauf für jede begonnene Woche der Fristüberschreitung 70 Euro an die Antragstellerin beziehungsweise den Antragsteller zu zahlen. Dies gilt nicht, wenn die Pflegekasse die Verzögerung nicht zu vertreten hat oder wenn sich die Antragstellerin oder der Antragsteller in vollstationärer Pflege befindet und mindestens erhebliche Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten festgestellt wurden (mindestens Pflegegrad 2).
Voraussetzung für Leistungsansprüche
Um Pflegeleistungen in Anspruch nehmen zu können, muss die beziehungsweise der Versicherte in den letzten zehn Jahren vor der Antragstellung zwei Jahre als Mitglied in die Pflegekasse eingezahlt haben oder familienversichert gewesen sein.
Weitere Unterlagen zum Leistungsbescheid
Die Entscheidung der Pflegekasse über die Feststellung von Pflegebedürftigkeit soll für die Versicherten transparent und nachvollziehbar sein. Das Gutachten wird der Antragstellerin oder dem Antragsteller deshalb durch die Pflegekasse automatisch übersandt, sofern sie oder er der Übersendung nicht widerspricht. Es ist auch möglich, die Übermittlung des Gutachtens zu einem späteren Zeitpunkt zu verlangen. Darüber hinaus erhalten die versicherte Person sowie mit deren Einwilligung beispielsweise auch Personen des Vertrauens die gesonderte Präventions- und Rehabilitationsempfehlung, die im Rahmen der Begutachtung abgegeben wurde. Gleichzeitig wird darüber informiert, dass mit der Zuleitung an den zuständigen Rehabilitationsträger ein Antragsverfahren auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation ausgelöst wird, sofern die Antragstellerin beziehungsweise der Antragsteller dem zustimmt. Willigt die antragstellende Person ein, leitet die Pflegekasse darüber hinaus eine Mitteilung über empfohlene Heilmittel an die behandelnde Ärztin oder den behandelnden Arzt weiter.
Was sind Pflegegrade?
Die fünf Pflegegrade zeigen an, wie selbständig eine Person ist. Dabei orientiert sich der Pflegegrad nach der Schwere der Beeinträchtigung sowie Fähigkeiten und Selbstständigkeit der zu pflegenden Person. Entsprechend dem Hilfebedarf wird der Pflegebedürftige in einen der fünf Pflegegrade eingeteilt. Seit 2017 haben die Pflegegrade das bisherige System der Pflegestufen abgelöst.
Pflegebedarf: geringe Beeinträchtigung der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten
Pflegebedürftige des Pflegegrads 1 können sich in der Regel noch gut selbst versorgen und haben nur einen geringen Bedarf an Unterstützung. Geringfügig Hilfsbedürftige werden bei alltäglichen Beeinträchtigungen wie der Hygiene oder hauswirtschaftlichen Versorgung unterstützt.
Punkte: 12,5 bis unter 27
Pflegebedarf: erhebliche Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten
Mit Pflegegrad 2 haben Versicherte in der Regel Anspruch auf Pflegegeld und eine häusliche Pflege durch Angehörige oder eine Pflegesachleistung durch einen ambulanten Pflegedienst.
Punkte: 27 bis unter 47,5
Pflegebedarf: schwere Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten
Mit anerkanntem Pflegegrad 3 stehen Bedürftigen Leistungen wie Pflegegeld und Pflegesachleistungen aus der Pflegeversicherung zu, um die Pflege im Alltag zu unterstützen. Meist benötigen die pflegebedürftigen Personen mehrmals täglich Unterstützung bei der Selbstversorgung.
Punkte 47,5 bis unter 70
Pflegebedarf: schwerste Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten
Mit Pflegegrad 4 sind Pflegebedürftige erheblich auf fremde Hilfe angewiesen und erhalten daher bei anerkanntem Pflegegrad entsprechende Leistungen aus der Pflegeversicherung. Die zu pflegende Person ist häufig durch eine eingeschränkte Mobilität gekennzeichnet und die alltägliche Hilfe muss fast vollständig übernommen werden. Teilweise sind selbständiges Essen und Trinken noch möglich. Personen des Pflegegrads 4 sind meist noch in der Lage, einen Notruf zu bedienen.
Punkte: 70 bis unter 90
Pflegebedarf: schwerste Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung
Pflegebedürftige mit Pflegegrad 5 sind sehr stark auf Hilfe anderer angewiesen und können daher umfangreich Leistungen aus der Pflegeversicherung in Anspruch nehmen. Die zu pflegende Person ist immobil. Person der Pflegerads 5 können oft auch noch den Notruf bedienen.
Punkte: 90 bis 100
Pflegegeld – Sachleistungen
Pflegegrad | Pflegesachleistungen (§36 SGB XI) Monatlicher Höchstbetrag | Pflegegeld (§37 SGB XI) Monatlicher Höchstbetrag |
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Pflegegrad 1 | Kein Anspruch | Kein Anspruch |
Pflegegrad 2 | 796,00 € | 347,00 € |
Pflegegrad 3 | 1.497,00 € | 599,00 € |
Pflegegrad 4 | 1.859,00 € | 800,00 € |
Pflegegrad 5 | 2.299,00 € | 990,00 € |
Pflegegrad | Entlastungsbetrag (§45b SGB XI) |
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Pflegegrad 1 bis 5 | 131,00 € |
Pflegegrad | Verhinderungspflege (§39 SGB XI) |
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Pflegegrad 2-5 | 1.685,00 € |
Pflegegrad | Pflegeverbrauchshilfsmittel (§40 SGB XI) |
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Pflegegrad 1 bis 5 | 42,00 € |
Pflegegrad | Wohnumfeldverbessernde Maßnahmen (§40 SGB XI) |
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Pflegegrad 1 bis 5 | 4.180,00 € |
Landespflegegeld
Der Bayerischen Staatsregierung liegt das Thema Pflege besonders am Herzen. Mit dem Pflege-Paket für Bayern setzen sie ihren Kurs konsequent fort: Eine zukunftsfähige Pflegeinfrastruktur und die bestmögliche Unterstützung Pflegebedürftiger und pflegender Angehöriger sind für den Bayerischen Landesamt für Pflege Auftrag und Verpflichtung.
Mit dem Landespflegegeld möchten sie ein wichtiges Signal setzen: Wir investieren dafür 400 Millionen Euro, damit Pflegebedürftige in Bayern ab Pflegegrad 2 pro Jahr 1.000 Euro zusätzlich bekommen – und zwar schnell und unbürokratisch. Sie erhalten damit die Möglichkeit, sich selbst etwas Gutes zu tun oder den Menschen eine finanzielle Anerkennung zukommen zu lassen, die ihnen am nächsten stehen: ihren pflegenden Angehörigen, Freunden, Helferinnen und Helfern.
Allen, die sich in der Pflege engagieren – ob beruflich, als Angehörige oder Ehrenamtliche, gilt der besonderer Dank für ihr herausragendes Engagement. Sie können Sich darauf verlassen: Die Bayerische Staatsregierung wird auch in Zukunft nicht nachlassen, die Pflege besonders zu Stärken.
Eine zentrale Aufgabe des LfP ist die Organisation des Bayerischen Landespflegegeldes – von der Antragsbearbeitung bis hin zur Auszahlung. Das Landespflegegeld ist Teil des umfangreichen Pflegepaketes, das die Bayerische Staatsregierung im Mai.2018 beschlossen hat. Menschen, die mit Pflegegrad 2 oder höher eingestuft wurden und ihren Hauptwohnsitz in Bayern haben, haben Anspruch auf jährlich 1.000 Euro. Mit dem Landespflegegeld sollen pflegebedürftige Menschen eine Wertschätzung und eine finanzielle Unterstützung bekommen. Jährlich erhalten rund 400.000 Menschen das Bayerische Landespflegegeld.